Tengo sed – Mich dürstet II

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Einführung Tengo sed – Mich dürstet II

Mit dem fast heiteren Schwingen der autonomen zeichnerischen Resultate vor der Folie von Leid und Schmerz zielt Moreno Sánchez auf “einen Prozess der Erlösung von Leid”. Dieser urchristlichen Hoffnung hat sie mit ausholenden Gesten und fließenden Bewegungen im Spannungsfeld zwischen lockerem ornamentalem Geflecht und bewusstem Gegenstandsbezug Form gegeben.

Dass die Einzelblätter mit der Zeit mehr Raum eingefordert haben, dass sich das Prinzip der Mehrteiligkeit, das Arbeiten in Diptychen und Triptychen auch hier ergeben hat, erscheint wie eine organische Weiterentwicklung. Die Kunst von Moreno Sánchez schreibt fort. Ihr Bezugssystem ist die christliche Bilderzählung. Insofern war ihr bisheriges Arbeiten in Serien bzw. ihr augenfälliges Verweben verschiedener Zeit- und Bedeutungsebenen immer auch ein sichtbares Denken im Kontext tradierter christlicher Bildformen. Am Augenfälligsten vielleicht ihr Kreuzweg, die 14-teilige Serie “Via Dolorosa” von 2008, aber auch ihre sehr oft dreiteilig angelegten Großformate sprechen vom Zugriff auf Erzählmodelle, denen sie mit ihren Arbeiten aktuelle Aussagekraft verleiht.

Der Tiefe von existentieller Sinnsuche und der Hoffnung auf Erlösung entziehen sich die Zeichnungen freilich immer aufs Neue. Beharrlich behaupten sie ihren Auftritt als autonome graphische Aussagen. Als genössen sie ihre neu gewonnene Freiheit, greifen sie dementsprechend “um sich”. Verschaffen uns Spielraum zur flanierenden Betrachtung, zur abschweifenden Versenkung.

Birgit Höppl

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